Der kleine Bruder
Mit dem EV3 bietet Kia jetzt ein rein elektrisch angetriebenes SUV in der stark umkämpften Kompaktklasse an.
Von Wolfgang Schäffer
Optisch ist der 4,30 Meter lange, 1,85 Meter breite und 1,56 Meter hohe Wagen mit seinem athletischen Auftritt sofort als kleiner Bruder des EV9 zu erkennen. Technisch lehnt sich der über die Vorderräder angetriebene Kompakte ebenfalls zum Teil an den großen Bruder an. Der EV3 basiert wie der EV9 auf der Elektroplattform E-GMP und verfügt über die vierte Generation der Kia-Batterietechnologie.
Akkus mit 58,3 oder 81,4 kWh
Wer aber von Kia erwartet hat, dass nun auch im Volumensegment die 800-Volt-Technologie Einzug hält, der wird enttäuscht. Das bleibt EV6 und EV9 vorbehalten. Dennoch halten sich die vom koreanischen Hersteller angegebenen Ladezeiten für die beiden angebotenen Akkus mit einer Kapazität von 58,3 beziehungsweise 81,4 kWh in einem mehr als akzeptablen Rahmen. An einer Schnellladestation lassen sich die Akkus mit maximal 102 beziehungsweise 128 kW aufladen. AC-Laden erfolgt über einen Elf-kW-Onboard-Lader. Laut Kia dauert das Laden einer entsprechend starken DC-Säule von zehn auf 80 Prozent etwa 30 Minuten. Das konnten wir während der ersten Testfahrten ohne Ladestopp nicht nachprüfen.
Reichweite bis zu 605 Kilometer
Anders dagegen sieht es mit den Verbrauchswerten aus. Die kombinierten WLTP-Werte von 14,9 kWh für die kleine Batterie sowie 19,5 kWh (jeweils mit den serienmäßigen 17 Zoll großen Rädern) für die Longe-Range-Version sollten tatsächlich zu erreichen sein. Die maximalen Reichweiten gibt Kia mit 436 beziehungsweise 605 Kilometern an.
Bei ruhiger Fahrt 16,1 kWh
Der von uns gefahrene EV3 war mit dem großen Akku ausgerüstet. Nach knapp 100 Kilometern, überwiegend auf kurvenreichen Landstraßen und durch Ortschaften sowie einem kleinen Autobahnanteil, zeigte der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 16,1 kWh an. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings das geringe Tempo – im Mittel 68 Kilometern pro Stunde. Der EV3 sprintet bei Bedarf in 7,5 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht in allen Ausführungen eine Höchstgeschwindigkeit von 170 Kilometern pro Stunde.
Sportlich und komfortabel
Wird der rechte Fuß aktiv eingesetzt, die Leistung der 150 kW (204 PS) starken E-Maschine häufiger abgerufen, steigt naturgemäß der Verbrauch. Aber auch der Fahrspaß. Das Fahrwerk haben die Entwickler dafür gut abgestimmt. Bei einigen schnellen Kurvenpassagen stellte der Wagen das unter Beweis. Noch mehr Lob aber ist dem Komfort zu zollen. Schlechte Fahrbahnabschnitte absolviert der Kia souverän, lässt Stöße oder Schläge kaum ins Passagierabteil vordringen.
Jede Menge Platz im Innenraum
In dem gibt es jede Menge Platz. Der Radstand von 2,68 Metern ist mit dem des Kia Sportage identisch. So haben Mitreisende auf der Rückbank mit einer Körpergröße von 1,83 Metern selbst dann reichlich Beinfreiheit, wenn auf dem Platz am Steuer eine gleichgroße Person sitzt. Die vorderen Sitze sind bequem und geben guten Seitenhalt.
Panoramadisplay wie im EV9
Vor Frau oder Mann am Lenkrad – mit Schaltwippen, um die Stärke der Rekuperation in drei Stufen und i-Pedal-Modus zu verändern – zieht sich wie beim EV9 ein 30-Zoll-Panoramadissplay über den Armaturenträger bis über die Mittelkonsole. Direkt unter dem Display sind berührungsempfindliche Tasten unter anderem für Home, Map und Media in eine Leiste eingebettet. Es gibt eine Walze, um die Lautstärke zu regeln, sowie ein weiteres Tastenfeld, über das die Klimaautomatik zusätzlich bedient werden kann.
Recyclingmaterialien im Einsatz
Apple Car Play und Android Auto sind ebenso serienmäßig wie eine Bluetooth-Freisprecheinrichtung mit Spracherkennung und USB-C-Anschlüsse. Wie bei jedem neuen Kia-Modell kommen im Innenraum eine Vielzahl ressourcenschonende Materialien zum Einsatz. Für das Armaturenbrett und die Türverkleidungen werden Recyclingmaterialien verwendet. Polyethylenterephthalat (PET) findet sich unter anderem in den Sitzen, dem Dachhimmel, den Türarmlehnen, den Zierelementen, den Fußmatten und der Gepäckablage.
460 Liter Stauraum im Ladeabteil
Der Kofferraum fasst 460 Liter. Bei vorgeklappten hinteren Lehnen (ein Drittel zu zwei Drittel geteilt) sind es 1.250 Liter. Ladekabel lassen sich im 25 Liter großen Frunk verstauen.
Design lehnt sich an den EV9 an
Beim Design haben sich die Gestalter deutlich an der monolithischen Form des EV9 orientiert. Die Front geht mit einem weichen Schwung in die vordere Haube über. Der wiederum haben die Designer oberhalb der fast quadratisch gezeichneten Radhäuser, die 19 Zoll Rädern Platz bieten, scharfe Kanten verpasst. Die vertikalen Scheinwerfer liegen weit seitlich in den Oberflächen der Front und betonen so die Breite des Fahrzeugs. In Verbindung mit den bogenförmig gestalteten Tagfahrlichtern gibt das dem Gesicht des EV3 einen markanten Ausdruck, der eben auch an den EV9 erinnert.
Gute Aerodynamikwerte
Das gilt ebenso für die flächigen Flanken und das weit nach hinten gezogene und sanft abfallende Dach, das in einen mächtigen Spoiler übergeht. Das Heck spiegelt mit seiner Lichtsignatur ebenfalls die Kia-DNA wieder. Das führt in Verbindung mit der neuen Luftführung im vorderen Grill zu einem cW-Wert von 0,263. Zur guten Aerodynamik tragen zudem die versenkten Türgriffe sowie die in die C-Säulen integrierten – und dadurch kaum sichtbaren – Griffe der Fondtüren bei.
Neun Karosseriefarben
Der EV3 wird in neun Karosseriefarben angeboten. Mit Shale Grey, Aventurine Green, Frost Blue und Terracotta gibt es vier davon ausschließlich für das neue Modell.
Basisversion kostet 35.990 Euro
Schon die Basisversion des EV3 zum Preis von 35.990 Euro ist werksseitig ordentlich ausgestattet. Unter anderem gibt es das Digitalcockpit und Navigation samt Kia Connect, 17-Zoll-Leichtmetallfelgen, LED-Scheinwerfer, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Rückfahrkamera, die Bluetooth-Freisprecheinrichtung mit Spracherkennung, Parksensoren vorn und hinten, Batterievorheizsystem und Drei-Phasen-On-Board Charger sowie einen navigationsbasierten adaptiven Tempomaten, einen Autobahn- und Geschwindigkeitsassistenten, Frontkollisionswarner mit Abbiegefunktion sowie sieben Airbags. Auf das Fahrzeug inklusive Batterie gibt es eine Sieben-Jahre-Herstellergarantie (maximal 150.000 Kilometer).
Großer Akku startet bei 41.390 Euro
Wer sich für den großen Akku entscheidet, hat mindestens 41.390 Euro auf der Rechnung stehen. Im Vergleich zu Wettbewerbern wie Volvo EX30, dem Smart #1 oder dem Cupra Born liegt der EV3 damit recht gut im Rennen. Und wie bei der Konkurrenz ist die Aufpreisliste lang und kann den Preis locker um 10.000 bis 15.000 Euro in die Höhe treiben.