MG4 Electric

 

Attraktiver Chinese

Der chinesische Autobauer MG baut sein Angebot an elektrischen Fahrzeugen weiter aus. Neuestes Produkt ist der MG4 Electric, mit dem wir jetzt unterwegs waren.

Von Wolfgang Schäffer

MG – fällt der Name dieser Automarke, dringt fast automatisch ein Geruch von Benzin und Leder in die Nase. Vor dem inneren Augen taucht zudem ein flacher zweisitziger Sportwagen auf. Doch die Zeiten sind längst vorbei. MG hat mit dem alten englischen Hersteller – mit Ausnahme des Logos – nichts mehr zu tun, gehört seit Jahren zum chinesische Hersteller SAIC. Der wiederum ist eng mit dem VW-Konzern verbandelt, baut in China VW- und Skoda-Modelle. Inzwischen schwimmt MG voll auf der Elektrowelle, hat mit dem ZS EV, dem Marvel R, dem MG5 und jetzt dem MG4 bereits vier rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge im Angebot.

Viertürer mit großer Heckklappe

Das jüngste Modell des chinesischen Autobauers lässt sich in der Kategorie kompaktes Schrägheckmodell einordnen. Der MG4 Electric ist das erste Modell von MG Motor, das auf der neuen MSP-Plattform („Modular Scalable Platform“) aufbaut und letztlich auch deshalb „das bisher wichtigste Auto seit der Rückkehr der Marke nach Europa“, wie es ein Sprecher formuliert. Schließlich biete diese Plattform mehr Möglichkeiten und sei damit die Basis für weitere elektrisch angetriebene Fahrzeuge der Marke.

Der Viertürer mit recht großer Heckklappe misst in der Länge 4,29 Meter, in der Breite inklusive Außenspiegel 2,06 Meter und in der Höhe 1,50 Meter. Der Radstand von 2,71 Metern trägt zu guten Platzverhältnissen im Innenraum, der Wendekreis von 10,6 Metern zu einem wendigen Fahrverhalten in der Stadt bei. Angetrieben wird der knapp 1,7 Tonnen schwere MG4 (448 Kilogramm Zuladung sind möglich) wahlweise von einem 125 kW (170 PS) oder 150 kW (204 PS) starken Permanentmagnet-Synchronmotor über die Hinterräder. Damit gelingt der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 in 7,7 beziehungsweise 7,9 Sekunden. Hier wirkt sich das etwas schwerere Gewicht der leistungsstärkeren Variante aus. In der Spitze wird bei 160 Kilometern pro Stunde abgeregelt.

Akkus im MG4 mit 51 oder 64 kWh netto

Bei den Batterien haben die Kunden die Wahl zwischen einer Kapazität von 51 (Standard) oder 64 kWh (Comfort und Luxury). Der kleinere Akku ist eine Lithium-Eisen-Phosphat-Version, beim größeren setzt MG auf eine Nickel-Kobalt-Mangan-Variante. Dementsprechend ist auch die Ladeleistung unterschiedlich, liegt bei 117 beziehungsweise 135 kW an einer DC-Ladesäule und bei 6,6 oder elf kW an einem AC-Ladepunkt. Die Reichweiten gibt MG laut WLTP mit 350 (Standard), 450 (Comfort) und 435 Kilometern (Luxury) an. Auf beide Akkus gibt MG eine Garantie von sieben Jahren oder 150.000 Kilometern. Für die Verzögerung sorgen Scheibenbremsen vorne und hinten. Die Standard-Ausführung rollt auf 16 Zoll-Stahlräder mit 205/60er Reifen, die beiden anderen Varianten auf 17-Zoll-Alurädern mit 215/50er Pneus. Wer mag, kann eine Anhängerkupplung ordern. Die Anhängelast beträgt 500 Kilogramm, die Stützlast 50 Kilogramm. Letzteres ist bei zwei E-Bikes schon ein Problem.

Fahrwerk des MG4 ist auf Komfort getrimmt

Auf den ersten Fahrten mit dem MG4 waren wir mit der Luxury-Version unterwegs. Bereits nach wenigen Kilometern wird deutlich, dass das Fahrwerk des Wagens auf Komfort getrimmt ist. So passiert das Auto schlechte Wegstrecken mit Querrillen oder Schlaglöchern souverän. Das gilt für die drei zur Verfügung stehenden Fahrmodi: Leicht, Standard, Sport. Die elektrische Servolenkung reagiert durchaus präzise, so dass sich der MG4 auch recht flott um die Ecken bewegen lässt. Im Sport-Modus reagiert das Beschleunigungspedal direkter und die Lenkung wird straffer. Die Gewichtsverteilung von 50:50 trägt außerdem dazu bei, dass die Dynamik nicht zu kurz kommt.

Gute Verbrauchswerte beim MG4

Allzu schnell sollte es aber nicht voran gehen, denn dann nehmen die Windgeräusche doch deutlich zu. Bis Tempo 120 ist aber noch alles ok – und viel schneller sind E-Auto-Fahrer aufgrund des ansonsten stark ansteigenden Verbrauchs ohnehin eher selten. Apropos Verbrauch. Da gibt es tatsächlich nichts zu mäkeln. Denn zeigt die Tachonadel konstant 100 an, zeigt der Bordcomputer 16 kWh an, bei Tempo 80 sind es 15 kWh. Und bei der Fahrt durch die City mit deutlich mehr Rekuperationsphasen geht der Verbrauch auf 14,3 kWh zurück. Dabei bremst der Elektromotor den MG4 Electric ab. Drei unterschiedliche Stufen – Comfort, Normal, Sport – stehen zur Verfügung, um auf diese Weise Energie zurückzugewinnen. Allerdings kann die die gewünschte Rekuperationsstärke nicht über Pedals oder Schalter ausgewählt werden. Die Einstellung muss über das Display erfolgen. Das ist weniger gut.

Ladeperformance des MG4 ist bestens

Dafür trumpft der MG4 beim Laden groß auf. Mit einer Restladung von elf Prozent in der Batterie nimmt der zuvor beim Fahren auf Temperatur gebrachte Akku (optional ist die Batterie auch vorheizbar) an einer HPC-Ladesäule direkt 136,5 kW auf. Und die Ladekurve bleibt über einen langen Zeitraum konstant bei etwa 130 kW. Im Durchschnitt lag die Ladeleistung bis zu 80 Prozent SoC dann knapp unter 100 kW. Das kann sich wahrlich sehen lassen und begrenzt die die Wartezeit an der Ladesäule in diesem Fall auf etwas mehr als 30 Minuten.

Im Innenraum hinterlässt der MG4 Electric einen wertigen Eindruck. Das gilt für die Materialauswahl ebenso wie für die Verarbeitung. Die Sitze sind so bequem, dass die zweistündige Fahrt mit dem Wagen ein angenehmes Gefühl hinterlässt. Vor dem Fahrer liegt ein sieben Zoll großes digitales Kombiinstrument für die wichtigsten Informationen. Rechts daneben ist ein 10,25 Zoll großer Infotainmentbildschirm mit Smartphone-Anschluss (Apple CarPlay, Android Auto) platziert. Auf einer frei schwebenden Konsole davor haben die Designer den Drehschalter zur Wahl fürs Vorwärts- oder Rückwärtsfahren sowie das Parken angesiedelt. Übrigens: der MG4 hat keinen Startknopf mehr. Das System wird hochgefahren, sobald man das Bremspedal betätigt.

Gute Platzverhältnisse im MG4

Hinten sitzen zwei Mitreisende mit guter Bein- und Kopffreiheit. Für drei Personen wird es mit der Schulterfreiheit schon eng. Das Kofferraumvolumen beträgt beim Luxury 350 Liter und kann aufgrund der im Verhältnis 60:40 vorklappbaren hinteren Lehnen auf bis zu 1.165 Liter vergrößert werden. Allerdings entsteht dann keine komplett plane Fläche. Auf Verzurrösen, um Gepäckstücke sichern zu können, haben die Entwickler ebenso verzichtet wie auf ein Staufach unter der vorderen Haube, den Frunk.

Weniger zurückhaltend war MG bei der Ausstattung des Luxury in Sachen Assistenzsystemen. Sogar eine Querverkehrswarnung hinten,und ein Türöffnerwarner sind werksseitig in diesem Modell verbaut. Die 360-Grad-Kamera zählt ebenso zum Serienumfang. Eine noch effizientere Klimatisierung ermöglicht beim Luxury eine zusätzliche Wärmepumpe. Über die Fahrzeugbatterie können bei Bedarf externe Verbraucher wie E-Bikes, Smartphones und Computer über ein Adapterkabel mit Energie versorgt werden (Vehicle-to-Load).

MG4 ist optisch ansprechend, preislich attraktiv

Optisch trägt die weit nach unten gezogene Haube und die zur Mitte hin spitz zulaufenden Scheinwerfern zu einem sportlich-dynamischen Auftritt des MG4 Electric bei. Darunter liegen Lüftungsöffnungen. Die stark geneigten A-Säulen gehen fließend in das nach hinten coupéhaft abfallende Dach über. Das wiederum endet in einem zweigeteilten und damit sehr markanten Spoiler. Aufgrund der leichten Taillierung Flanken treten die Radhäuser muskulös hervor. Die Schulterlinie wird vor allem am Heck von den fast eckig ausgearbeiteten Rücklichtern betont.

Der Basispreis für den MG4 Electric beträgt 31.990 Euro, der sehr umfangreich bestückte Luxury kostet 37.990 Euro. Abgezogen werden davon können die Umweltboni, die Hersteller und Staat gewähren. Derzeit sind das noch 9.570 Euro. Im Vergleich zu den Mitbewerbern in diesem Segment, zu dem beispielsweise der VW ID.3 oder auch der Cupra Born zählen, ist der MG4 eine ernstzunehmende und attraktive Alternative.

 

 

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